Die Diskussion um Inkassogebühren ist erneut in den Fokus gerückt. Eine Motion von Vincent Maitre (Die Mitte) fordert den Bundesrat auf, die Gebühren von Inkassounternehmen gesetzlich zu regulieren und deren Höhe zu begrenzen. Doch diese Forderung wirft Fragen auf: Sollte etwas, das nach geltendem Recht gar nicht durchsetzbar ist, tatsächlich auf diese Weise legitimiert werden?
Das Problem mit Inkassogebühren
Inkassounternehmen werden häufig von öffentlichen und privaten Gläubigern beauftragt, ausstehende Forderungen einzutreiben. In der Praxis bedeutet das oft, dass die Schuldner mit zusätzlichen Gebühren belastet werden, die nicht selten unangemessen hoch ausfallen. Besonders problematisch: Viele Schuldner zahlen diese Beträge aus Angst vor Betreibungen, obwohl die rechtliche Grundlage oft fragwürdig ist.
Die Inkassobranche rechtfertigt diese Praxis meist mit Artikel 106 des Obligationenrechts (OR), wonach Inkassokosten als "Verzugsschaden" geltend gemacht werden können. Doch dieser Artikel setzt klare Bedingungen voraus: Ein solcher Schaden muss konkret nachgewiesen werden. Ein pauschales Weiterreichen der Kosten ist nicht erlaubt, da Inkassokosten in der Regel keine unfreiwillige Vermögensverminderung darstellen, die den Schuldnern rechtlich zuzurechnen wäre.
Was die Motion fordert
Die Motion zielt darauf ab, die Höhe der Inkassogebühren zu begrenzen, indem diese in Abstufungen je nach Forderungshöhe geregelt werden. So könnten beispielsweise Gebühren für Forderungen unter 100 Franken niedriger sein als für höhere Beträge. Das Modell könnte sich dabei an der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Wucherzinsen orientieren.
Doch diese Begrenzung birgt einen potenziellen Konflikt: Mit einer gesetzlichen Regelung würde eine Praxis, die nach geltendem Recht gar nicht durchsetzbar ist, grundsätzlich legitimiert. Das widerspricht nicht nur der aktuellen Rechtslage, sondern auch dem Ziel der Motion, überhöhte Gebühren einzudämmen.
Die Position des Bundesrates
Der Bundesrat lehnt die Motion ab. Statt einer neuen gesetzlichen Regelung sieht er die Lösung in der konsequenten Durchsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften. Dazu könnten unter anderem Musterklagen oder Verbandsklagen beitragen, um unangemessene Praktiken zu bekämpfen und Missbrauch zu verhindern.
Der Bericht des Bundesrats aus dem Jahr 2017 zeigt, dass Inkassogebühren nur dann rechtlich zulässig sind, wenn ein tatsächlich nachweisbarer Schaden entstanden ist, der über den gesetzlichen Verzugszins hinausgeht. Die Praxis vieler Inkassounternehmen entspricht diesen Vorgaben jedoch nicht.
Was sollte der Gesetzgeber tun?
Anstatt Inkassogebühren zu begrenzen und damit indirekt zu legitimieren, wäre es sinnvoll, die bestehenden Regeln klarer zu definieren und deren Durchsetzung zu stärken. Ein erster Schritt könnte sein, eindeutig festzulegen, wer die Kosten eines Inkassoverfahrens tragen muss – der Schuldner oder der Gläubiger. Nur so kann langfristig Rechtssicherheit geschaffen werden.
Fazit
Die Diskussion um Inkassogebühren zeigt deutlich, wie wichtig klare rechtliche Rahmenbedingungen sind. Eine Begrenzung der Gebühren mag auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, doch ohne eine grundlegende Klärung der rechtlichen Grundlagen bleibt das Problem bestehen. Der Fokus sollte daher auf einer konsequenten Durchsetzung der aktuellen Regeln und einer transparenten Gesetzgebung liegen.
Lesen Sie die Motion hier: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20233554
Blogartikel: Inkassogebühren - Deckelung oder Klärung der Rechtslage?
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