Verlustscheine sind in der Schweiz ein zentraler Bestandteil des Inkassoprozesses, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor. Während sie im Privatrecht oft als provisorischer Rechtsöffnungstitel angesehen werden, gestaltet sich die Situation im öffentlichen Recht anders. Dieser Blogbeitrag erklärt die Rolle von Verlustscheinen im Rechtsöffnungsverfahren und bietet öffentlichen Verwaltungen praktische Hinweise für den Umgang mit diesen Dokumenten.
Verlustscheine im Privatrecht
Im zivilrechtlichen Kontext können Verlustscheine als Schuldanerkennung dienen. Wird ein solcher Schein im Rechtsöffnungsverfahren vorgelegt und der Schuldner erhebt keine Einwände, kann das Gericht eine provisorische Rechtsöffnung aussprechen. Diese ermöglicht es dem Gläubiger, die Forderung durchzusetzen, sofern keine weiteren rechtlichen Schritte vom Schuldner eingeleitet werden.
Unterschiedliche Handhabung im öffentlichen Recht
Öffentlich-rechtliche Forderungen, wie Steuerforderungen, basieren auf anderen gesetzlichen Grundlagen. Nach Art. 80 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) werden Verfügungen des öffentlichen Rechts, zu denen auch Steuerveranlagungen zählen, einem gerichtlichen Urteil gleichgestellt. In diesen Fällen wird direkt eine definitive Rechtsöffnung angestrebt, was eine stärkere Form der Durchsetzung darstellt als die provisorische Rechtsöffnung. Das bedeutet, dass im Falle von Steuerforderungen die Vorlage eines Verlustscheins nicht ausreicht und nicht notwendig ist, um die Forderung rechtlich geltend zu machen.
Herausforderungen für öffentliche Verwaltungen
Die definitive Rechtsöffnung erfordert umfassende Dokumentation, was für viele Verwaltungen eine Herausforderung darstellt, besonders wenn es um ältere Verfügungen geht, die möglicherweise nicht leicht in Archiven zu finden sind. Für eine erfolgreiche definitive Rechtsöffnung müssen folgende Unterlagen dem Gericht vorgelegt werden:
Rechtsöffnungsbegehren
Zahlungsbefehl
Nachweise früherer Betreibungskosten (bei Verlustscheinbetreibung)
Kopie der definitiven Steuerveranlagung und Steuerrechnung inklusive Zustellnachweis und Rechtsmittelbelehrung (wenn vorhanden)
Vollstreckbarkeitsbescheinigung
Zinsgrundlage und Zinsberechnung
Steuerkontoauszug
Diese Dokumente müssen klar und verständlich sein, damit das Gericht die Forderung ohne Rückfragen nachvollziehen kann. Besonders bei der Berechnung des Verzugszinses ist darauf zu achten, dass diese für das Gericht eindeutig und transparent ist. Wichtig zu beachten ist auch, dass nach Ausstellung eines Verlustscheins der Verzugszins stillsteht und nicht weiter eingefordert werden kann.
Der Verlustschein ist im Rechtsöffnungsverfahren für die öffentliche Hand zur Beweislage der Forderung irrelevant.
Fazit
Verlustscheine spielen im Inkassoprozess eine wichtige Rolle, doch ihre Anwendung unterscheidet sich erheblich zwischen dem privaten und dem öffentlichen Recht. Öffentliche Verwaltungen müssen sich der spezifischen Anforderungen bewusst sein, die mit der Eintreibung von öffentlich-rechtlichen Forderungen verbunden sind, und entsprechend sorgfältig vorgehen, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
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Blogartikel: Verlustscheine und Rechtsöffnungsverfahren: Ein Leitfaden für öffentliche Verwaltungen
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